Zwangsarbeit in den Städten des Ruhrgebietes

Während der Zeit des Zweiten Weltkrieges mussten zirka 9 Mio. Menschen in Deutschland Zwangsarbeit verrichten. Darunter waren wahrscheinlich zwei Mio. Kriegsgefangene und 700.000 KZ-Häftlinge. Der fortschreitende Krieg und die immer weiter angefachte Kriegswirtschaft verwischten schnell jegliche Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung der "Untermenschen" in den deutschen Vorzeigebetrieben.
Um die Produktion aufrecht zu halten und die Einbrüche im Steinkohlenbergbau als eine der Hauptstützen der Rüstungsindustrie aufzufangen, wurden tausende Kriegsgefangene zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen. "Allein in einer Stadt wie Essen existierten zwischen 1939 und 1945 über 370 Arbeitslager, in Gelsenkirchen waren es immerhin noch 75" (KVR 2001, S. 433). Unfreiwillig verhalfen sie so dem NS-Regime bis ins Jahr 1945 durchzuhalten.
Dieser Aspekt der Zwangsarbeit ist vermutlich den meisten Menschen bekannt. Doch gibt dieser Blickwinkel nur einen Teil der tatsächlichen Ausbeutung der Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge wieder. Seit der Machtergreifung durch Hitler und seiner Partei wuchs der Verwaltungsapparat stetig an. 2.000 Beschäftigte in der Verwaltung, wie zum Beispiel in Essen, waren keine Seltenheit. Mit der Mobilmachung wurden tausende männliche Angestellte zu Ihrem Einsatz an die Front entlassen. Wie sollten die umfangreichen Aufgaben der Kommunen nun gelöst werden? Die Versorgung der Bevölkerung und die Erhaltung der Infrastruktur, auf die die kriegswichtigen Industrien angewiesen waren, stellten eine enorme personelle Herausforderung für die Kommunen dar.
Zwangsarbeit fand auch untertage statt
Quelle: RVR-Fotoarchiv
"Hier liegt also die Vermutung nahe, dass auch die Kommunen bestrebt waren, jederzeit verfügbares Personal aus dem riesigen Heer von Zwangsarbeitern zu bekommen" (KVR 2001, S. 435). Auch wenn keine Aufzeichnungen über die jeweiligen Lager existieren, kann man davon ausgehen, dass die Kommunen für die Unterbringung und den Transport der Gefangenen selber sorgten. Das dies auch in menschenunwürdiger Weise geschah, liegt angesichts der engen Verflechtung von Regime und Verwaltung auf der Hand.
Beim Transport von Häftlingen zu Reparaturarbeiten an Straßenbahngleisen in Gelsenkirchen schrieb der zuständige Beamte sinngemäß, da 'es sich schließlich um ausländische Arbeitskräfte' handele, sei auf einen angenehmen Transport nicht zu achten. Ein ganzer Katalog von Erlassen zum Umgang mit den fremden Arbeitskräften regelte das Nebeneinander in Fabriken und Gemeinden.

Deutlich wird, wie tief die Verwaltungen in die NS-Ideologie verstrickt waren und wie sie sich rückhaltlos zum Instrument der rassistischen Politik machten, auch ohne dass jeder Einzelne überzeugter Anhänger des Regimes war.