Einleitung

Bereits mit den ersten Anzeichen des Niedergangs der Montanindustrie war es zur dringlichsten Aufgabe der regionalen Wirtschaft und Politik geworden, den Strukturwandel voranzutreiben.

Dem standen aber mannigfaltige und nicht immer offenkundige Hindernisse entgegen, die die Montanindustrie des Ruhrgebietes als ein ganzes Bündel von "Altlasten" bzw. "Erblasten" hinterlassen hatte. Man war zunächst mit dem Problem der boden-chemischen Altlasten konfrontiert, das die ehemaligen Montanstandorte - nun zu Brachflächen geworden - belastete und das einer unkomplizierten, schnellen Um- und Neunutzung entgegen stand.

Ähnliche Behinderungen gingen von den baulich-materiellen Altlasten aus, die in Form mächtiger Stahlbeton-Fundamente und Hochbauten zu bewältigen waren. Schließlich bringen Bergsenkungen weitflächige Nutzungsbeeinträchtigungen mit sich.
Altlastenkategorien
Quelle: Autorenteam
Ungleich mächtigere, den Strukturwandel behindernde Wirkungen gingen jedoch von den "Altlasten in den Köpfen", den mentalen Altlasten mancher unternehmerischen wie politischen Entscheider, aber auch der Bevölkerung aus. Das gilt für:
  • die Bodensperre,
  • die Bildungsblockade,
  • die Beschränkungen der Innovationskultur,
  • die kommunal zentrierte Kommunikationskultur sowie für
  • die Langlebigkeit der Negativ-Images in der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Region und
  • das gering ausgeprägte regionale Selbstbewusstsein.
Zudem hatte man viele infrastrukturell-bauliche Altlasten der Vergangenheit zu beseitigen und Versäumnisse aufzuholen, um den Grundstein für einen erfolgreichen Strukturwandel zu legen. Das defizitäre Bildungsangebot im Ruhrgebiet - historisch-politisch gewollt und daher als "Bildungsblockade" anzusprechen (s. Thema "Hochschulen und Forschung" in der Rubrik "Erneuerung der Infrastruktur") - musste neu aufgebaut werden. Um Einwohner und Arbeitskräfte zu halten und neue Branchen anzusiedeln, war ein umfassender Neu- und Ausbau der Infrastruktur eingeleitet worden.

Es bietet sich an, die montanindustriellen Erblasten, ihre Entstehung und die Bemühungen, diese im Strukturwandlungsprozess zu bewältigen, in zwei Zeitschnitten zu betrachten: 1965 und 1985.