Tourismus im Ruhrgebiet - Ein Masterplan für Reisen ins Revier

Das Ruhrgebiet war früher außer für Geschäftsreisende kaum jemandem eine Reise wert. Um dies zu ändern und dem Ruhrgebiet mit dem Tourismus ein weiteres wirtschaftliches Standbein zu schaffen, entwickelte eine Kommission im Auftrag des Wirtschaftsministers des Landes NRW 1997 den "Masterplan für Reisen ins Revier".

In diesem Masterplan wurde festgestellt, dass man, um das Ruhrgebiet im Städtetourismus zu etablieren, für die gesamte Region ein "eigenständiges und überraschendes Profil" entwickeln müsse. Zu viele Organisationseinheiten für Fremdenverkehr, Presse und Information vermarkteten zu viele verschiedene Strategien und Profile. Die Aktivitäten müssten gebündelt werden. Um diese Idee umzusetzen, entstand die Agentur "Reisen ins Revier", seit 2009 die Ruhr Tourismus GmbH.

Diese Agentur führt die Aktivitäten und Interessen der Gebietskörperschaften mit denen der großen privaten Veranstalter zusammen.

Dieser Masterplan beinhaltet 4 große Bausteine:

Der erste Baustein wurde die "Route der Industriekultur". Bestehende Attraktionen des Ruhrgebietes wurden verknüpft und gemeinsam vermarktet. Sie sollten als ein "Nationalpark der Industriekultur" wahrgenommen werden. Mit dem Buch "Tal der Könige" von Roland Günter erschien hierzu der entsprechende "Reiseführer" (s. Thema "Industriekultur").
Das Musical Starlight Express in Bochum
Quelle: Pressefoto
Der zweite Baustein beschäftigte sich mit dem Entertainment. Die Musicals, der Filmpark in Bottrop, das CentrO als Einkaufspark mit Freizeitattraktionen und Erlebnisgastronomie und die große Palette an sportlichen Großveranstaltungen sollen ein Publikum in ganz Deutschland ansprechen.
Der dritte Baustein beinhaltet Kultur und ihre Events im Ruhrgebiet. Die zahlreichen Museen, Theater und Konzerthallen, aber auch die Festivals, die in letzter Zeit vermehrt stattfinden, sollen in das Tourismuskonzept für das Ruhrgebiet eingearbeitet werden. Eine wichtige Richtlinie ist es, sog. "Pakete" zu schnüren, die verschiedene Highlights gebündelt anbieten.

Gezielt soll das Interesse am Ruhrgebiet durch Lust auf ungewohnte Kulturorte, Suche nach dem Abenteuer (z.B. Kulturszene), Interesse am Original (Geschichte live) und durch die Attraktivität großer Kulturereignisse geweckt werden.

Als vierter Baustein soll das Messe- und Kongresswesen eingebracht werden. Dortmund und Essen ziehen in den Jahren um 2000 über 2,5 Mio. Besucher in ihre Messehallen und die daran angegliederten Kongresszentren. Auch hier besteht die Möglichkeit, die Messe- und Kongressbesucher für weitere Attraktivitäten im Ruhrgebiet gezielt zu interessieren.

Für alle genannten Bausteine ist eine effektive Marketingstrategie erforderlich. Der wichtigste Punkt für erfolgreiches Marketing ist das Bündeln der vorhandenen Mittel. Eine Strategie für alle hat mehr Erfolg als viele kleine, die sich gegenseitig behindern.

Zur Umsetzung der anspruchsvollen Ziele des "Masterplans für Reisen ins Revier" wurde eine Steuerungszentrale benötigt: Im Jahr 1998 gründete man die Ruhr Tourismus GmbH (RTG) als Private-Public-Partnership, also unter Beteiligung privatrechtlicher Akteure (seit dem Jahr 2002 in die Organisationsform einer GmbH & Co. KG umgewandelt). Ihre Aufgaben umfassen die Gesamtregion, u.a. das Marketing, die Produktentwicklung und das kundennahe Tagesgeschäft.

Nach den positiven Erfahrungen mit dem Masterplan wurde im Jahr 2001 ein "Expertenforum Tourismus" einberufen, das den bis dahin angestoßenen Entwicklungen weitere Impulse geben sollte. Bei einer allgemeinen Wertschöpfungsquote von 40 % im Tourismus berechnete man dessen Beitrag zum regionalen Einkommen des Ruhrgebiets im Jahr 2001 auf ca. 500 Mio. Euro. Diese Summe sichert direkt etwa 14.000 Vollarbeitsplätze. Dazu sind noch eine große Zahl von Teilzeit-, Saison- und Nebenerwerbstätigkeit, aber auch die indirekten Beschäftigungseffekte hinzuzurechen, die durch die Kaufkraft und Nachfrage der Beschäftigten entsteht (Projekt Ruhr GmbH o.J. (2003), S. 7).
Tourismuswirtschaft im Ruhrgebiet (2002)
Quelle: zusammengestellt nach Angaben der Projekt Ruhr GmbH o.J. (2003), S. 9, 19, 21)
Mit jährlichen Wachstumsraten von vier Prozent zählt der Städtetourismus zu einer der führenden Wachstumsbranchen. Neben den Beschäftigungs- und Einkommenswirkungen erhält die Tourismuswirtschaft ihre besondere Bedeutung durch die Aufwertung "weicher Standortfaktoren" wie Imagebildung, Förderung der Aufenthaltsqualität, des Kulturangebots, Freizeit- und Wohnwerts. Einerseits sind dadurch an attraktiven (z.B. publikumsintensiven) Standorten Impulse für eine Aufwertung von Immobilien und Gewerbe zu erwarten. Andererseits erhöht "die Tourismusförderung (...) damit auch die Chancen für das Ruhrgebiet, sich auf den globalen Märkten als Investitionsstandort zu profilieren" (Projekt Ruhr GmbH o.J. (2003), S. 7).
Regionale Differenzierungen der Übernachtungen im Ruhrgebiet 1990 - 2002
Regionale Differenzierungen der Übernachtungen im Ruhrgebiet 1990 - 2002
Quelle: Projekt Ruhr GmbH o.J.(2003), S. 19
Das Expertenforum kommt im Ergebnis zu Projektempfehlungen in sechs Bereichen (Projekt Ruhr GmbH o.J. (2003), S. 34).
  • Projekte zum Baustein Industriekultur (z.B. Programm "Route der Industriekultur 2006"; ExtraSchicht)
  • Projekte zum Baustein Entertainment/Sportwelt Ruhr (z.B. Sportboot-Tourismus, Fußball-Weltmeisterschaft 2006
  • Projekte zum Baustein Kultur (Kulturhauptstadt Europas 2010)
  • Projekte der touristischen Infrastruktur (z.B. Touristisches Informationssystem, Jugendtourismus)
  • Projekte der Kommunikation (z.B. Marketingverbund RuhrTopCard)
  • Projekte (z.B.) der Wissenschaft und Forschung (Kooperationsnetzwerk Tourismusforschung Ruhrgebiet)

Mehrere aktuelle "Flagship-Projekte" heben sich bereits aus der Fülle weiterer attraktiver Angebote heraus: Das Weltkulturerbe Zollverein, die RuhrTriennale, der Emscher Landschaftspark 2010 und die Kulturhauptstadt Europas 2010. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur folgerichtig, die Tourismuswirtschaft zu einem Kompetenzfeld "Tourismus, Freizeit und Kultur" auszubauen (siehe. Thema "Kompetenzfeldwirtschaft").