Kokereitechnik und Eisenverhüttung

Die Geschichte der Kohlenveredelung durch die Verkokung geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Von industriellen Maßstäben konnte aber damals noch nicht die Rede sein. Die Verhüttung von Erzen erforderte eine unglaubliche Menge an Brennstoff. In den Anfängen verwendete man Holzkohle als Brennstoff. Zur Erschmelzung von einer Tonne Eisen mussten 30 Tonnen Holzkohle eingesetzt werden. Ganze Wälder verschwanden so in den Schmelzöfen der Eisenindustrie. Ein anderer Brennstoff musste gefunden werden und so experimentierte man bald mit Steinkohle.

Die stark schwefelhaltige Rohkohle bereitete den Hüttenmännern allerdings große Probleme. Sie schmolz, backte im Schmelzofen zusammen und verhinderte so einen optimalen Betrieb. Es lag nahe, die Rohkohle ähnlich wie bei Holzkohlengewinnung vor dem Einsatz im Hochofen in Meilern zu behandeln. 1709 schaffte der Engländer Abraham Darby dann den Durchbruch. Ihm gelang es die Steinkohle zu verkoken. Mit der Erfindung des ersten einfachen Koksofens stieß er die Tür in die Zukunft der Koksherstellung und Stahlerzeugung im industriellen Umfang auf.
Mit der Erfindung der geschlossenen Backöfen 1756 in England gelang es, die Produktion von Koks entscheidend zu verbessern. Im Gegensatz zur Verkokung in den frühen Meilern dauerte die Prozedur nur noch drei Tage, der Ertrag konnte erhöht werden und die Qualität verbesserte sich. Um das Jahr 1880 setzte ein rasantes Wachstum moderner, d.h. produktiverer Kokereianlagen ein. "Die Ergiebigkeit der Kokerei stieg in den neunziger Jahren auf rd. 75 v.H." (Wiel 1970, S. 117). Außerdem begann in den achtziger Jahren des 18. Jh. die Nebenproduktgewinnung. Der anfallende Teer wurde nun nicht mehr auf die Halden verbracht, sondern zur Herstellung von Briketts verwendet. Damit wurden die anfallenden Fein- und Staubkohlen nutzbar und die Wirtschaftlichkeit der Zechenbetriebe verbesserte sich weiter.

In der historischen Entwicklung erwiesen sich für die Kokereien gewisse Standortfaktoren als wirtschaftlich sinnvoll:
  • Erzeugernähe (in räumlicher und funktionaler Verbindung mit einer Steinkohlenzeche);
  • Verbrauchernähe (z.B. als Teil eines Gaswerkes, zur Versorgung einer Eisenbahngesellschaft oder als Teil eines Hüttenwerkes zum Betrieb der Kokshochöfen);
  • transportgünstige Zentrallage (zwischen mehreren Bergwerken mit günstiger Anbindung an die Hauptverbraucher der Eisen- und Stahlindustrie (Buschmann 1993, S. 25).
Luftbild Kokerei Zollverein
Quelle: Deutsches Bergbau-Museum/Montanhistorisches Dokumentationszentrum
Um 1900 traten Kokereien und Hüttenwerke deshalb oftmals zur sog. Verbundwirtschaft zusammen, indem die Kokereien Koks und Koksgas lieferten und die Hüttenwerke Gichtgas aus den Hochöfen zurückleiteten. Aufgrund der unterschiedlichen Heizwerte waren diese Gase nur von dem jeweiligen Verbundpartner nutzbar. Die z.T. noch heute sichtbaren mächtigen Rohrleitungen auf dem Gelände der Kokereien zeugen von der engen Verbundwirtschaft zwischen Kokerei und Hüttenwerk.
In der Folgezeit wurde vor allem die Technik der Hochöfen ständig weiterentwickelt. Innerhalb von 150 Jahren hatte man die Produktion pro Ofen von ca. 5 t auf 100 - 165 t steigern und den Zeitaufwand von mehreren Tagen auf weniger als 24 Stunden reduzieren können.

Im selben Maße, wie sich die Kokereitechnik verbesserte, entwickelte sich auch das Hüttenwesen fort. Von 8 t Koks für eine Tonne Eisen konnte der Verbrauch auf heute 450 kg Koks pro Tonne Eisen gesenkt werden, d.h. der Koksverbrauch für die Eisenherstellung hat sich im Laufe der letzten 150 Jahre auf etwa ein Zwanzigstel reduziert.