Vertiefung: Gartenstadt Teutoburgia und deren Sanierung

Impressionen aus der Zechensiedlung Teutoburgia in Herne-Börnig
Quelle: Autorenteam, Kollage Autorenteam
In herausragender Weise zeigt das Beispiel der Zechenkolonie Teutoburgia in Herne-Börnig, wie sich Wohnquartiere durch Einbeziehung der Bewohner von sanierungsbedürftigem Zustand zu einem "Musterbild humanen sozialen Wohnens" (Internet 1) entwickeln können.

Die Siedlung Teutoburgia entstand zeitgleich mit der gleichnamigen Zeche im Jahr 1911. Bis 1923 wurde die Siedlung nach baulichen Idealen der englischen Gartenstadtidee von Ebenezer Howard verwirklicht.

Auffallend waren und sind noch immer die starke Durchgrünung, geschwungene Straßenzüge und großzügige Platzanlagen (Duckwitz/Hommel/Kommunalverband Ruhrgebiet 2002, S. 228). Man findet in der begrünten Siedlung abwechslungsreiche Hausgestaltungen, überwiegend für vier und zwei Familien in 21 verschiedenen Grundtypen. Sie zeichnen sich durch Eingangsloggien, Freisitze, aufwendige Dachformen sowie Putz- und Fachwerkflächen aus (Pirke 1998, S. 29). All dies machte den unverwechselbaren Charakter dieser Siedlung aus.
Kartenausschnitt Siedlung Teutoburgia
Kartenausschnitt Siedlung Teutoburgia
Quelle: RVR-Geodatenserver
Die Siedlung ist mit einer Fläche von 21,6 ha, 136 Gebäuden, 495 Wohnungen und 1.401 Bewohnern die größte Zechen- und Arbeitersiedlung in Herne (Duckwitz/Hommel 2002, S. 228). Besondere Beachtung verdient der Teutoburgiahof, der im Jahre 1918 - 1919 als letzte Erweiterung der Siedlung im Südwesten angelegt wurde und ein städtebaulich in sich abgeschlossenes Wohnhof-Ensemble darstellt.

Im Jahre 1989 wurde zunächst der Teutoburgiahof unter Einzeldenkmalschutz gestellt. 1992 folgte das gesamte Ensemble Teutoburgiasiedlung (Pirke 1998, S. 29). Im Zweiten Weltkrieg nur marginal beschädigt, ließen sich trotzdem vor der Sanierung erhebliche bauliche und strukturelle Mängel erkennen. Es gab viele Wohnungen ohne Bad, man heizte meistens noch mit Kohle oder Koks und viele Veränderungen, An- und Umbauten an den Außenwänden nahmen der Kolonie ihr einheitliches Bild.
Luftbild Siedlung Teutoburgia
Luftbild Siedlung Teutoburgia
Quelle: RVR Geodatenserver
Anfang der 1980er Jahre begann man erstmals anhand von architektonischen, städtebaulichen, denkmalpflegerischen und stadthistorischen Gesichtspunkten über den Erhalt der Siedlung nachzudenken (Internet 1). 1986 wurde eine Bestandsaufnahme der Siedlung und eine der Planung zu Grunde liegende Mieterbefragung durchgeführt. Ein Jahr später stellte man die Planung auf einer Mietervollversammlung vor. 1988 begannen erste Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen, die mit denkmalgerechten Ansätzen ausgeführt wurden.

Während der laufenden Erneuerungsmaßnahmen erklärte man das komplette Bauvorhaben 1989 zum IBA Emscher Park Projekt. Daraus resultieren nicht nur für die baulichen Veränderungen, sondern auch für die Bewohnerbeteiligung Konsequenzen, die in den IBA-typischen Qualitätsvereinbarungen niedergelegt waren, um so dem Modellcharakter einer Bauausstellung gerecht werden zu können.
Dabei erhielten einige Aspekte besonderes Gewicht:
  • "die werk- und detailgetreue Rekonstruktion der Außenhaut der Gebäude,
  • die Entwicklung umweltverträglicher und ökologischer Modernisierungsstandards bei der Wahl von Baustoffen und Baukonstruktionen,
  • die Sicherung der Gartennutzungen in den Innenhöfen sowie
  • die Gestaltung des öffentlichen Raumes durch kleinteilige Einzelmaßnahmen" (Beierlorzer/Boll/Ganser 1999, S. 115).
Eine wichtige Rolle nahm hier die Quartiersarchitektin ein. Sie hatte u.a. die Aufgabe, die Bewohner der Siedlung zu beraten und zwischen den Interessen der Mieter und der Wohnungsbaugesellschaft (in diesem Fall der VEBA Wohnen AG) zu vermitteln. Aufgrund anfänglicher Mieterproteste passte man die Planung an und versuchte durch eine Quartiersbefragung flexibel auf die Bedürfnisse der Bewohner zu reagieren. Anfängliche Konflikte z.B. bezüglich des Einbaus von Sanitäreinrichtungen "konnte(n) in eine Kooperation der Akteure umgewandelt werden, eine Vertrauensbildung fand statt" (Pirke 1998, S. 35).

In unmittelbarer Nähe wurde nördlich der Siedlung ein "Kunstwald" gestaltet, der u.a. pflanzenbewachsene Skulpturen, Fundamente ehemaliger Zechengebäude sowie einen Duftgarten enthält. Die ehemalige Maschinenhalle hat man für Kulturveranstaltungen umgenutzt.

Weitere Informationen zur Siedlung Teutoburgia erhält man unter Internet 2 (Teutoburgia auf der Themenroute "Arbeitersiedlungen" auf der Route der Industriekultur), Internet 3 (Zeitleiste zur Siedlung Teutoburgia), Internet 4 (Zeitleiste zur Zeche Teutoburgia) und Internet 5 (Informationsseite der Stadt Herne).
Die Siedlung Teutoburgia
Quelle: Autorenteam