Vertiefung: Landschaftspark Duisburg-Nord

Als eines der großen Vorzeigeprojekte der IBA Emscher Park gilt der 200 ha große Landschaftspark Duisburg-Nord im Duisburger Stadtteil Meiderich. Er eignet sich hervorragend, um Besuchern von außerhalb des Ruhrgebietes innerhalb kurzer Zeit die Region vorzustellen.

Geschichte

Die Fläche des heutigen Landschaftsparks Duisburg-Nord beinhaltet das frühere Hüttenwerk Meiderich (stillgelegt 1985), die ehemalige Zeche Thyssen 4/8 (stillgelegt 1959), die Kokerei Friedrich Thyssen (stillgelegt 1977) und die landwirtschaftliche Nutzfläche des Ingenhammshofs sowie einige angrenzende Bereiche.
Hochofenkulisse im Landschaftspark Duisburg-Nord
Quelle: RVR-Fotoarchiv
Das Hüttenwerk Meiderich wurde von August Thyssen in der Hochindustrialisierungsphase 1902 als Aktiengesellschaft für Hüttenbetriebe gegründet. Es erreichte sechs Jahre später die geplante Ausbaustufe mit fünf Hochöfen. 1910/11 wurde die Gießerei als weiterer Betriebsteil gegründet. Die räumliche Nähe zum Duisburger Hafen, der Anschluss an die Cöln-Mindener-Eisenbahn und die Nachbarschaft zur Zeche und Kokerei haben den Ausschlag für den Standort des Hüttenwerks gegeben. Hier wurden Roheisen und Speziallegierungen für die Stahlwerke des Thyssenverbundes in Hamborn und Mülheim an der Ruhr produziert.
Illumination im Landschaftspark Duisburg-Nord
Quelle: RVR-Fotoarchiv
1985 kam das Aus für die Produktion und das Hüttenwerk stand vor dem Abriss. Durch das Engagement der Deutschen Gesellschaft für Industriekultur e.V. und die Einsicht, die Industriedenkmäler der Region nicht unter banalem Nutzungswert diskutieren zu können, folgte der Rat der Stadt Duisburg der Empfehlung der Expertenkommission, die Gebäude des Werks zu erhalten und eine Neu- bzw. Wiederbesiedlung des Geländes durch die Natur zuzulassen. Mit der konkreten Vorstellung, der Meidericher Bevölkerung auf dieser 200 ha großen Fläche zum ersten Mal eine wohnungsnahe Erholungsmöglichkeit zu bieten, nahm man die Aufgabe in Angriff, hier ein Konzept für die zukünftige Nutzung zu entwickeln. Im Jahr 1989 wurden die Flächen der IBA gemeldet und in die Konzeption als Projekt aufgenommen.

Heutige Nutzung

Ein Gewirr von Gerüsten, Rohren, Kesseln, Treppen, Aussichten und Podesten vermittelt den Besuchern ein Gefühl für die ehemalige Bedeutung dieses Industriedenkmals für die Montanindustrie. Die Bedeutung hat sich gewandelt von einem Standort der Industrie zu einem Standort der Kultur sowie der sportlichen und spielerischen Nutzung. Mittlerweile entsteht auf dem 200 ha großen Gelände zwischen den Stadtteilen Meiderich und Hamborn ein Park neuen Typs, für den es bisher keine Vorbilder gibt. Die seit der Stilllegung 1985 spontan gewachsene Flora und das stillgelegte Hochofenwerk werden einbezogen. Dabei kommt es vor allem auf Bürgernähe und Facettenreichtum bei der Planung des Projekts an. Das Thyssenwerk selbst hat mit seiner Lehrwerkstatt die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen im stillgelegten Hüttenwerk hergestellt, so dass sich auf den Treppen und Podesten jeder Besucher frei, ohne Eintritt zu zahlen, 24 Stundenam Tag, das gesamte Jahr über bewegen kann.
Konzert der Bochumer Philharmoniker in der ehemaligen Gießhalle, Landschaftspark Duisburg-Nord
Quelle: RVR-Fotoarchiv
Am Fuß des Hochofens, dort wo die alte Emscher fließt, entsteht ein Wasserpark, der mangels anderer Möglichkeiten zu 90 % aus Regenwasser gespeist wird. Dies wird dafür von allen Gebäuden über Leitungen in die ehemaligen Bunker-Anlagen geleitet, welche als riesige Zisternen dienen.
Durch die Gesellschaft für Industriekultur e.V., die das Hochofenwerk denkmalpflegerisch betreut, wurde im Auftrag der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) NRW ein Beschilderungssystem für einen industriegeschichtlichen Pfad "Weg des Eisens" entwickelt, welcher dem Besucher, der sich auch frei auf dem Gelände bewegen kann, ohne Eintritt bezahlen zu müssen, den Herstellungsprozess des Roheisens näher bringt. Eine Dauerausstellung zeigt darüber hinaus die unterschiedlichen Aspekte der wirtschaftlichen, technischen und soziokulturellen Entwicklung des Werks.
Neben dem hohen Informationsgehalt lockt der Standort durch zahlreiche weitere Angebote Besucher an. So betreut der Deutsche Alpenverein-Sektion Duisburg in den ehemaligen Erzbunkern eine Kletterwand auch für hohe Trainingsansprüche. Eine Taucherschule operiert im ehemaligen Nassgasometer, der restauriert und wieder geflutet worden ist, in einer einzigartigen Unterwasserwelt. Das so entstandene Becken wird auch von Tauchern der Feuerwehr zu Trainingszwecken genutzt.

Der Hochofen 5 bietet neben den Stationen des "Weg des Eisens" einen Überblick über das gesamte Gelände von der 70 m hohen Aussichtsplattform. In der Abstich-Halle finden Open-Air-Kino und -Konzerte statt. Kulturveranstaltungen aller Art, Feiern und Firmenpräsentationen finden eine interessante Atmosphäre in den ehemaligen Pumpen- und Gebläsehallen. Genügend Platz für Großveranstaltungen bietet die ehemalige Kraftzentrale. Ein künstlerisches High-"Light" stellt die Lichtinszenierung des britischen Künstlers Jonathan Park dar, welches das Hüttenwerk bei Dunkelheit an Wochenenden und Feiertagen zu einem weithin sichtbaren Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet macht.

Innerhalb der Route der Industriekultur nimmt der Landschaftspark Duisburg-Nord den Stellenwert eines der drei Besucherzentren ein.