Vertiefung: Wandel des Planungsverständnisses
Im Zuge der Industrialisierung änderte sich das Planungsverständnis der Stadtplaner. Diese Entwicklung lässt sich anhand unterschiedlicher Phasen (Selle) bzw. Stufen (Albers) darstellen:
Stufen des Planungsverständnisses
Quelle: Autorenteam, verändert nach Selle 1993, S. 240
Quelle: Autorenteam, verändert nach Selle 1993, S. 240
Als Reaktion auf diese "Fehlentwicklung" folgt die Phase der Auffangplanung. Sie bestimmt die Planung von 1900 bis 1960. Die "kranke" Stadt soll radikal verändert werden, darüber hinaus wird sie fortan als "sozialer Organismus" angesehen. Der Wunsch nach einer Gliederung in überschaubare Einheiten und einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur kristallisiert sich heraus. Auf den Generalsiedlungsplan des SVR von 1912 folgten mit dem Generalbebauungsplan oder dem Flächennutzungsplan Instrumente, welche die Entwicklungskräfte "auffangen" sollen.
Ab 1960 ändert sich das Planungsverständnis als Folge eines neuen Politik- und Staatsverständnisses. Räumliche Planung muss mit den Maßnahmen sozialer und wirtschaftlicher Bereiche koordiniert werden. Die Entwicklung darf nicht sich selbst überlassen sein, sie bedarf einer "Führung", an die Stelle von Vertrauen müssen Ziele treten. Im Planungsrecht bis 1960 gab es lediglich Instrumente zur baulichen Entwicklung, jedoch keine Ziele.
Im Mittelpunkt dieser sog. Entwicklungsplanung stehen vornehmlich die "Integration der räumlichen Planung in eine umfassende gesellschaftspolitische Steuerung, die auch auf soziale, kulturelle und wirtschaftliche Aspekte gerichtet ist und ihre unmittelbare Verknüpfung mit der Verwirklichung durch das Mittel der Investitionsplanung" (Albers 1993). Im Gegensatz zur traditionellen Bauleitplanung, die auch Negativplanung genannt wird, bezeichnet man die Entwicklungsplanung als Positivplanung.
- Albers, G. (1993): Über den Wandel im Planungsverständnis. In: RaumPlanung, 61, 1993, S. 97-103
- Selle, K. (1995): Phasen oder Stufen? Fortgesetzte Anmerkungen zum Wandel des Planungsverständnisses. In: RaumPlanung, H. 71, S. 237-242