Probleme und Lösungsansätze des Stadtumbaus seit den 1990er Jahren

Mit dem Umbau der montanindustriellen Basis des Ruhrgebietes gerieten seit Ende der 1960er Jahre die Erneuerung von Gewerbeflächen - in den 1980er Jahren Technologieparks - in den Blick (s. Thema "Kommunale Wirtschaftsförderung"). Parallel dazu legte man zunehmend Wert auf die Integration von städtebaulichen und sozialpolitischen Maßnahmen: Den Freizeitparks folgte die Wohnumfeldverbesserung. Dem massiven, bis heute kaum gebrochenen Trend zur Suburbanisierung folgte der "Innenausbau" der Städte, d.h. die Schließung von Baulücken und Wiedernutzung von Industriebrachen.

Mit diesen Lösungsansätzen zur Behebung der wirtschaftsfunktionalen und städtebaulichen Missstände konnten aber nicht die sich verstärkenden Probleme der sozialen Segregation und Polarisierung bewältigt werden. Im Gegenteil, die wachsenden Zahlen der Arbeitslosen, Armen, Alten, Ausländer und Alleinerziehenden und ihre Konzentration in bestimmten Stadtquartieren waren und sind eher als Begleiterscheinungen der gelingenden regionalwirtschaftlichen Modernisierung zu sehen.
Aktionswoche in Recklinghausen
Quelle: MASSKS 2000, S. 58
Vor diesem Hintergrund wurde das Programm der "Sozialen Stadt" entworfen. Es stellt als lebensweltlich orientierter Ansatz den Menschen in den Mittelpunkt und richtet sich auf die baulich, infrastrukturell und sozial benachteiligten Stadtteile.

Teilweise handelte es sich dabei um Quartiere, denen mit dem Niedergang der lokalen (Montan-)Industrie die "Lebensader", das "Herz" genommen worden war. Ein Weg der Problembewältigung wurde in der Beteiligung und Aktivierung der betroffenen Menschen beschritten (Beispiel 1: Gelsenkirchen-Bismarck). Ein anderer richtete sich darauf, solchen Stadtteilen ein funktionierendes "neues Herz" wiederzugeben (Beispiel 2: Herne-Sodingen).

Wieder andere Wege wurden unter dem Leitbild "Arbeiten im Park" in der Standort-Aufwertung für neue Klein- und Mittelbetriebe beschritten. Dieser Projekttyp setzte sich aber nicht die unmittelbare Lösung aktueller sozialer Probleme zum Ziel, sondern war eher auf die Förderung zukunftsfähiger Arbeitsplätze gerichtet.
Das Repertoire der jüngeren, teils experimentellen Suchpfade zur Stadterneuerung und zum Stadtumbau ist damit bei weitem nicht erschöpft. Weitere Beispiele - etwa zu "Essen Weststadt" - sind im Programm des "Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Internet 2) zu finden. Unter dem Leitbild "Erlebnisstadt Weststadt" wird auf dem Gelände der ehemaligen Krupp-Stahlwerke - unmittelbar westlich an die City angrenzend - eine Mischung von Wohnen (25 %), Gewerbe (40 %, u.a. IKEA), Büronutzung (15 %, u.a. das Zentrum für Türkeistudien), Kultur und Freizeit (7 %, u.a. das Musical-Gebäude "Colosseum"), Einzelhandel, Hotels und Gastronomie (13 %) realisiert (BMVBW 2000, S. 58).

Die kompakte Bauweise und die vielfältige Mischung der verschiedensten Stadtfunktionen - in Nähe der Universität gelegen - bieten ein Beispiel für einige Grundprinzipien der gegenwärtigen Stadterneuerung: Innenerschließung, d.h. flächenschonende Umnutzung von Industriebrachen, "Funktionsmischung" und "kompakte", also mobilitätsvermeidende Bauweise.

Neue Bau- und Wohnformen auf alten Industriebrachen spielen seit der Internationalen Bauaustellung IBA Emscher Park eine wichtige Rolle im flächenschonenden Stadtumbau. Sie werden an anderer Stelle gesondert vorgestellt (s. Thema "Wohnen und Bauen").

Auch die Projekte, die sich im Gefolge der jüngeren Entdeckung des Wassers als attraktiver Faktor für die Stärkung von Wohn-, Wirtschafts- und Freizeit-Standorten widmen, dürfen in diesem breiten Spektrum nicht fehlen. Hierzu gehören nicht nur die Entwicklungsplanungen im Ruhrtal im Zuge der "Regionale", die Wasserwelten des nördlichen und östlichen Ruhrgebietes wie z.B. der Phönixsee in der Größenordnung der Hamburger Binnenalster, der innenstadtnah auf dem ehemaligen Werksgelände der ThyssenKrupp Werke Phoenix in Dortmund entsteht oder die Idee der Hausboote in künstlichen Seen ("Floating Homes" der ehemaligen RAG-Tochter MGG, heute RAG Montan Immobilien). Auch die neuen Initiativen "Duisburg an den Rhein"/"RheinPark" (s.u.) und "Ruhrbania" in Mülheim an der Ruhr (vgl. Internet 9) zeugen von der neuen Attraktivität dieses Konzepts. Die entsprechenden Projekte werden allerdings an anderer Stelle behandelt, da hier das Augenmerk auf die Lösungsansätze der sozialen Problematik liegen soll (s. Thema "Zukünfte im Ruhrgebiet").
Phoenix See in Dortmund Hörde
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