Go! Gründungsnetzwerk NRW

Seit Mitte der 1990er Jahre haben Initiativen zur Förderung von Unternehmensgründungen in Nordrhein-Westfalen und auch im Ruhrgebiet Konjunktur. Die Grundidee der "GO!"-Initiative besteht in 38 flächendeckenden regionalen Gründungsnetzwerken, in denen den Existenzgründern kostenlose Erstberatungen und Coaching angeboten werden. "Seit dem Jahr 2006 wurden mit den STARTERCENTER NRW im Sinne eines One-Stop-Shops zentrale Anlaufstellen für Gründerinnen und Gründer geschaffen. Diese sind Teil einer umfassenden Qualitätsoffensive, mit der die Gründungsberatung in Nordrhein-Westfalen spürbar verbessert und gebündelt wird" (Internet 12) Zum 30. Juni 2008 haben 67 STARTERCENTER NRW ihre Arbeit offiziell aufgenommen. Auf Veranstaltungen haben sich Netzwerke zum Erfahrungsaustausch, Workshops und Fachvorträge zu Problemlösungen sowie eine jährliche Gründermesse (START, in 2008 5.000 Besucher) in Essen etabliert (Internet 11).
Eine Auswahl an Akteure von Gründungsinitiativen
Quelle: Autorenteam
Der Erfolg schlägt sich denn auch in einigen ermutigenden Ergebnissen nieder. Noch 1995 lag das Land Nordrhein-Westfalen bei den Selbstständigen mit (Fach-)Hochschulabschluss um mehr als fünf Prozentpunkte hinter dem Bundesdurchschnitt. Zwischen 1995 - dem Jahr der landesweiten Gründungs-Offensive "GO!" NRW - und 2000 "setzte Nordrhein-Westfalen zu einem beeindruckenden Überholmanöver an - mit Erfolg!" (Internet 2). Während der Anteil der Fachhochschul- und Hochschulabgänger an den Selbstständigen im Bundesschnitt um 19 % gesteigert werden konnte, "so 'explodierte' in NRW der entsprechende Anteilswert um 36,7 %" (Internet 2). (Vgl. hierzu auch die Seite "Links" im Thema "Wirtschaftsförderung")
In den Jahren 1996 - 2002 sind im Ruhrgebiet jährlich knapp 40.000 Gewerbeanmeldungen erfolgt. Trotz leichten konjunkturbedingten Rückgangs liegt das Ruhrgebiet bei den Gewerbeanmeldungen noch über dem Durchschnitt des Landes, der seinerseits deutlich das Volumen Baden Württembergs und Bayerns überflügelt. Dabei konnte im Ruhrgebiet das sehr positive Meldesaldo von knapp 5.100 Unternehmen im Jahr 2000 in den Folgejahren nicht ganz gehalten werden (Internet 5).
Trotz der Erfolge der Gründungsoffensive bleibt noch viel zu tun:

Mit der dichtesten Bildungslandschaft in Deutschland stehen dem Ruhrgebiet 200.000 Studierende zur Verfügung. Dieses Potenzial an Wissen, Kompetenz und Kreativität wandert nach einem erfolgreichen Studienabschluss nicht selten in andere Länder und Regionen ab. "Das Ruhrgebiet ist ein riesiger Durchlauferhitzer, der für andere Regionen ausbildet, selbst aber keinen Vorteil davon hat" (Internet 9). Die Chancen auf Existenzgründungen in Nordrhein-Westfalen und im Ruhrgebiet bleiben daher - bei allen Erfolgen der Gründungs-Initiativen - zum Teil ungenutzt.
Noch immer wagen zu wenige Studenten den Schritt in die Selbstständigkeit, an der Dortmunder Universität waren es im Jahr 2000 nur 15 Personen (Internet 7). Diesen Trend belegen auch die aktuellsten Zahlen des Wirtschaftsmagazins Impuls. Im Bundesdurchschnitt machen sich 9,1 % der Hochschulabgänger selbstständig. In NRW sind es dagegen nur 8,8 und im Ruhrgebiet gerade noch 8 %. Hier hat das Ruhrgebiet also erheblichen Nachholbedarf und kritische Stimmen werden laut: Denn immer noch fließen Milliarden in die Subventionierung der deutschen Steinkohle, weitaus mehr als das Land für die Gründerförderung an Ruhrgebietshochschulen aufwendet. Diese einseitige Förderpolitik das Gründungsgeschehen des Ruhrgebietes im internationalen Vergleich nicht unerheblich beeinflusst haben.

Im Zuge des "neuen Europas" und der Globalisierung der Märkte werden jedoch weitere Gefährdungen erkennbar:
  • Die Stärkung und intensivere Nutzung endogener Potenziale - und hier ist besonders der Mittelstand gefragt - vermag ein Gegengewicht zu den Risiken der zunehmenden Internationalisierung (z.B. durch Auslagerung von Produktionsstandorten) anzubieten (Schubert 2002, S. 7): Die international operierenden (Groß-)Unternehmen werden sich kaum mit den schwachen Mitteln der hiesigen Wirtschaftsförderung beeinflussen lassen, eher schon von den zu erwartenden Um- und Aufbauhilfen in den neuen Beitrittsländern, zumal diese von günstigeren Lohn- und Umweltstandards flankiert sein werden.
  • Die Bedeutung von Regionen sowie deren Profil und Image als leistungsfähiger Wirtschaftsraum wächst: Einzelne Unternehmen, Standorte oder auch Städte werden im Wettlauf um Investoren und Märkte in der Regel immer weniger wahrnehmbar und erfolgreich positionierbar sein. Regionale Vernetzung und Profilbildung (Muster: "Solinger Klingen") erhält ein zunehmendes Gewicht.
  • Die kürzer werdenden Produkt-Lebenszyklen erfordern immer stärkere und kontinuierliche Innovationsfähigkeit auch und gerade von den Klein- und Mittelunternehmen. Diesem Druck wird auf die Dauer eher durch Unternehmens-Allianzen, -kooperationen und wirtschaftsförderungspolitisch begleitete Kompetenznetzwerke zu begegnen sein. Das anglophone Kunstwort "Co-opetition" verweist auf das Erfordernis der Kooperation zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ("competition"). Die in den letzten Jahren (zunächst von RVR und Gewerkschaft, dann in Diskussion mit Land und IHKn) entwickelte Strategie der "Kompetenzfeldwirtschaft" (vgl. das gleichnamige Thema) weist hier den richtigen Weg.
  • Ein großer Teil der regionalen Strukturfonds der EU (z.B. Mittel aus dem "Ziel 2"-Programm) wird in Zukunft den neuen osteuropäischen Beitrittsländern zugute kommen und u.a. im Ruhrgebiet im Jahr 2006 auslaufen. Auf diese neuen Marktpotenziale (z.B. Flächenrecycling, Beratung, Umweltwirtschaft, Gebäudeumnutzung, Infrastrukturausbau, Hoch- und Tiefbau) im zukünftigen Osteuropa scheint aber das Ruhrgebiet bisher nur unzureichend vorbereitet, obwohl genau solche Kompetenzen und Know-how in der Region hoch entwickelt sind.

Unter der Überschrift "Mittelstand verschläft Chancen der EU-Osterweiterung" wird auf den Umstand hingewiesen, dass die großen Unternehmen bereits vor zehn Jahren ihre Chancen in Osteuropa gesehen und seitdem vorbereitet haben. Über die gleichermaßen großen wirtschaftlichen Möglichkeiten für den Mittelstand habe sich aber bisher nur jeder dritte Chef eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens Gedanken gemacht (Internet 6). Dabei stellt die Staatskanzlei fest, dass der "Aufholbedarf in den osteuropäischen Ländern dort besonders groß ist, wo wir unsere Stärken haben" (Internet 8). Dazu zählt neben dem Energie- und Umweltbereich auch die Verkehrswirtschaft.
Chancen ergreifen!
Quelle: Autorenteam, nach Internet 6