Drei Beispiele

Die wichtigsten Lieferländer im Maschinenbau nach Umsatz
Quelle: Autorenteam, verändert nach IHK Bochum 2002, S. 7

Beispiel 1: Maschinenbau im Ruhrgebiet

Neben sehr jungen Branchen, wie z.B. der Medizintechnik, gehört der Maschinenbau zu einem der etablierten Industriezweige im Ruhrgebiet. Wie auch andere Wirtschaftszweige ist er sehr von konjunkturellen Schwankungen abhängig. Im Zeitraum von 1980 bis 1998 verlor der Maschinenbau in NRW 20 % seiner Beschäftigten. Seither erholt sich die Branche wieder und gehört nach den USA zu den wichtigsten Produzenten und Exporteuren weltweit.

Der Industriezweig Maschinenbau stützt sich zum größten Teil auf kleine und mittelständische Unternehmen. Mit seinen 117 Unternehmen und rund 9.920 Beschäftigten gehört die Branche zu den größten Arbeitgebern im Bezirk der Industrie- und Handelskammer "Mittleres Ruhrgebiet" (Bochum, Hattingen, Herne und Witten).

Die im Maschinenbau tätigen Unternehmen der Region sind oftmals aus Bergbauzuliefererbetrieben erwachsen und decken eine breite Produktpalette ab. Einen Schwerpunkt bilden Antriebskomponenten wie Getriebe, Lager und Zahnräder. Sie beliefern die Bau-, Papier-, Kunststoff- und Textilindustrie mit Sonderanfertigungen und können im Bereich der Hebezeuge, Fördermaschinen, Pumpen und Kompressoren einen erheblichen Marktanteil behaupten. Eine wichtige Rolle spielt im Maschinenbau nicht nur der heimische Markt sondern auch der Export. "Das mittlere Ruhrgebiet gehört mit einer Exportquote von über 50 % zu den führenden Exportregionen. Der Maschinenbau trägt zu dieser Spitzenleistung bei. Knapp 30 Prozent der Unternehmen erzielen mehr als die Hälfte ihres Umsatzes im Ausland" (IHK Bochum 2002, S. 19). Neben den Forderungen der heimischen Abnehmer nach immer kostengünstigeren Produkten und schlankeren und flexibleren Herstellungsverfahren birgt auch der hart umkämpfte internationale Markt eine große Herausforderung für die Unternehmen im Ruhrgebiet.
Leistungsträger im e-engineering-Verbund
Quelle: IHK Bochum 2002, S. 29
So müssen auch in Zukunft weitere Produktivitätssteigerungen erzielt werden, damit man gegen die Niedriglohn-Konkurrenz aus Fernost bestehen kann. Die Vernetzung und Modernisierung der Betriebe durch effiziente IT- Lösungen und kundenorientierte Komplettlösungen bilden hier einen wichtigen Ansatz.

Auf diese Anforderungen hat man bereits reagiert. Mit dem e-engineering-center, einem Netzwerk zur Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe soll der Innovationsvorsprung und das Know-how in Forschung und Entwicklung auch weiterhin die Exportstärke der heimischen Unternehmen sichern.

Beispiel 2: Wissensintensive unternehmensorientierte Dienstleistungen im Ruhrgebiet

Wissensintensive unternehmensorientierten Dienstleistungen
Quelle: Autorenteam
In einem weiteren Beispiel sollen die Dynamik und Probleme der mittelständischen Wirtschaft des Ruhrgebietes anhand der so genannten "wissensintensiven unternehmensorientierten Dienstleistungen" beleuchtet werden. Hierzu zählen besonders Rechts- und Wirtschaftsberatung, (ingenieur-)technische, finanz- und medienbezogene Dienste sowie Werbung. Diese Dienstleister sind überwiegend kleinst-, klein- und mittelbetrieblichen Größen zuzuordnen (vgl. KVR 1996, S. 111).
Als Motor des wirtschaftsstrukturellen Wandels kommt diesen Dienstleistungen gerade in Umbruchzeiten der Technologiegenerationen besondere Bedeutung zu. Zugleich aber muss erwartet werden, dass sie wegen ihrer engen Verflechtung mit dem Produktionssektor dessen Schwächen gerade dort spiegeln, wo es um die Modernisierung traditioneller Wirtschaftszweige geht.

Hingegen werden diese Branchen eine umso größere Rolle bei den Strategien der "Kompetenzfeldwirtschaft" (vgl. gleichnamiges Thema) spielen. Sie sind auf europäische oder weltweite Märkte gerichtet und mittelbetrieblich strukturiert, weisen im Idealfall ein Großunternehmen als "Kern" auf. Der Erfolg wird - neben der regionalen Kooperationsbereitschaft - entscheidend von den branchenspezifisch maßgeschneiderten Beratungs-, Vermarktungs-, Rechts- und Sprachkompetenzen der genannten Unternehmensdienste abhängen.

Die wissensintensiven unternehmensorientierten Dienstleistungen stellen etwa seit Mitte der 1970er Jahre die wachstumsstärksten Branchen Deutschlands. Sie zeichnen sich von 1980 bis 1993 mit durchschnittlichen Wachstumsraten zwischen knapp 60 und 98 % aus. Im Ruhrgebiet fällt dieser Zuwachs jedoch um 30 Prozentpunkte - im Falle der Architekturbüros sogar um fast 70 Prozentpunkte - geringer aus (KVR 1996, S. 112 und Tabelle 19).

Verglichen mit den nationalen Durchschnittswerten (alte Länder) der sektoralen Entwicklung zwischen 1975 und 1998 stellt das Ruhrgebiet in diesen zukunftswichtigen Branchen sogar das Schlusslicht.

Als Folge dieser Minderentwicklung weist der Besatz an derartigen Dienstleistungen im Ruhrgebiet auch in den 1990er Jahren und bis heute durchgängige, teils erhebliche Defizite auf. Die Beratungsdienste liegen 1995 um etwa 15 Indexpunkte unter dem Bundesdurchschnitt, der Bereich Werbung sogar um 46 Punkte.
Beschäftigtenbesatz wissensintensiver unternehmensorientierter Dienstleistungen
Beschäftigtenbesatz wissensintensiver unternehmensorientierter Dienstleistungen
Quelle: Deilmann 2001, S. 30
Die wissensintensiven wirtschaftsorientierten Dienste bilden eine der Säulen der Startplattform für die Zukunft im "Europa der Regionen". Sie weisen - ein ernüchterndes Ergebnis - im Ruhrgebiet eine (zu) schwache Tragfähigkeit auf. Hier dürften die leistungsstärkeren Unternehmen der Rheinschiene auf absehbare Zeit gefragt sein. Offen bleibt, ob und wie das regionale Potenzial ausreichend gestärkt werden kann, um den Erfordernissen der (regionalisierten) Kompetenzfeldwirtschaft zu genügen.

Hierbei wird es nicht nur auf sektorale Förderung ankommen. Mitentscheidend ist die Fähigkeit, den besonderen Ansprüchen der Unternehmer und Angestellten an den Wohn- und Freizeitwert - auch an die Kulturangebote - gerecht zu werden. Das folgende Beispiel beleuchtet einen dieser Wege.

Beispiel 3: Integrierte neue Wirtschaftsstandorte für den Mittelstand am Beispiel Dortmund-Hörde

Dortmund Hörde Werk Phoenix West (1992)
Dortmund Hörde Werk Phoenix West (1992)
Quelle: RVR
Das dritte Beispiel widmet sich der Bedeutung der Standortqualitäten. Dortmund-Hörde zählt zu den Geburtsorten der Dortmunder Eisen- und Stahlindustrie. 1841 hatte hier Hermann Piepenstock ein Werk zur Herstellung von Schmiedeeisen und ein Walzwerk errichtet (Hermannshütte). 1903 arbeiteten knapp 8.800 Beschäftigte auf der Hütte. 1998 wurde der letzte Hochofen in Hörde stillgelegt, abgebaut, nach China verschifft und in Handan bei Peking wieder in Produktion genommen. Das gesamte Werk Phoenix in Hörde wurde 2001 stillgelegt (Cordes 2001, S. 108).
Die einstige Industriestadt bzw. der heutige Stadtteil Hörde musste sich eine neue Zukunft suchen. Nach Vorstellungen des Jahres 2003 dürfte diese so aussehen: Die bereits zuvor geschlossene Stifts-Brauerei - ergänzt um das Verwaltungsgebäude des Stahlwerks an der "Hörder Burg" - bildet den Kern eines neuen mittelständisch geprägten "Medien- und Freizeitzentrums".

Ende 1999 haben sich hier 25 Kleinunternehmen (450 Arbeitsplätze) der Medien- und Kommunikationsbranche, Fernseh- und Filmproduktion/-Studio in enger Durchmischung mit (Trend-)Sport- und Freizeitanlagen der gehobenen Anspruchsklasse angesiedelt. Seitdem wird der Ausbau besonders der Gastronomie und Kulturwirtschaft - eine der jüngsten Wachstumsbranchen - vorangetrieben. Diesem modernen Branchenmix werden gute Zukunftschancen eingeräumt, da die Verflechtungen mit dem Dortmunder Profil als Medien- und IT-Standort Synergiewirkungen erwarten lassen.
Dortmund Hörde Werk Phoenix Ost (1992)
Dortmund Hörde Werk Phoenix Ost (1992)
Quelle: RVR
Ganz besondere Aufmerksamkeit verdient das Projekt auf dem Gelände des Stahlwerks "Phoenix Ost": Die Bauten sollen weitestgehend abgerissen werden und einem See von der Größe der Hamburger Binnenalster Platz machen (vgl. Thema "Wohnen und Bauen"). Die entstehende "Waterfront" wird ein hochwertiges Ambiente für Wohn-, Arbeits-, Freizeit- und Kulturangebote anbieten.
Die Mischung aus hochwertiger Qualität der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Innenstadtnähe - die "Chancen der Schrumpfung" intelligent nutzend - könnte ein zukunftsfähiges Modell für die erforderlichen Nachholprozesse der wissensintensiven mittelständischen Wirtschaft sein. Hörde wäre damit auf dem Weg zu einem neuen Stadtmodell einer funktionsgemischten Stadt der kleinen Wege, das manche Grundzüge der "Zwischenstadt" (vgl. Thema "Zukünfte im Ruhrgebiet") trägt, falls es gelingt, die bisherige Wohnbevölkerung zu integrieren.
Phoenix-See
Quelle: © 3dpixel company g.m.b.h