Einführung

Kulturelle Vielfalt
Quelle: RVR-Fotoarchiv, Kollage Autorenteam
Im Ruhrgebiet hat man mit den Anfängen der wirtschaftlichen Entwicklung weder Zeit noch Interesse an der Schaffung einer differenzierten kulturellen Infrastruktur gehabt. Wer in die Region einwanderte, kam in erster Linie, um zu arbeiten und Geld zu verdienen. Erst nach und nach entstand in Verbindung mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eine Vielfalt an Kulturstätten auf engstem Raum. Man findet im heutigen Ruhrgebiet eine der dichtesten und differenziertesten Kulturlandschaften Europas, die sich im Bewerberfeld um die Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2010 durchaus Chancen ausrechnen durfte und sich letztendlich auch durchgesetzt hat (zusammen mit Pécs/Ungarn und Istanbul/Türkei).

Das Kulturleben des Ruhrgebietes umfasst im weiten Sinn klassische und moderne Spitzenkultur in Theatern und Konzerthäusern, künstlerische Avantgarde und "Szene", Film und Fernsehen, Literatur, Breiten- und Soziokultur (z.B. in Vereinen, Musikschulen, Chören) ebenso wie Museen, Bildungseinrichtungen und Bibliotheken: eine Bandbreite, die - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - eine entscheidende Rolle für die Schlüsselkompetenzen der Kreativität, kritischen Teilhabe, politischen Verantwortung und Befähigung zur Zukunftsgestaltung spielt.

Dem Kulturleben kommt aber zudem auch eine große Rolle als "weicher Standortfaktor" (Freizeitwert) für Unternehmen und (qualifizierte) Arbeitskräfte zu. Auch die kulturwirtschaftliche Bedeutung - u.a. für die Schaffung von Arbeitsplätzen - darf nicht außer Acht gelassen werden. Nicht zuletzt prägt es wesentliche Bereiche des regionalen Images. Neben den (funktionalen) Binnen- und Außenwirkungen des Kulturlebens kommt ihm aber vor allem als Medium der kritischen Aufklärung, der Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie (auch ortsbezogenen) Identifikation zu: Kultur bildet (und bildet ab) die Basis des Wahrnehmens, Denkens, Fühlens und Handelns.

Dieses Thema gibt Einblick zunächst in die Situation und Entwicklung des Kulturlebens, sodann in die Spitzenkultur und ausgewählte Ereignisse. Entfaltet sich in dieser Entwicklung auch das Regionalbewusstsein? Wie setzt sich das Ruhrgebiet mit seiner problematischen, im Image negativ besetzten Vergangenheit auseinander?