Ausblick

Der Aufstieg der Montanindustrie erfolgte - von Naturgegebenheiten (Kohlelagerung), Technologie/Know-how, Eisenbahn und Kapital gesteuert - innerhalb des Ruhrgebietes räumlich und zeitlich differenziert. Während der Kohleabbau kontinuierlich von Süd nach Nord vordrang, waren die Investitionen in die Stahlwerke - später Integrierten Hüttenwerke - so kapitalintensiv, dass eine hohe Standortbindung in der Hellwegstädtereihe (als Ausnahme auch in Gelsenkirchen und Hagen) entstand und bis zur Schließung der Standorte andauerte.

In der folgenden Entwicklungsphase konnten sich in der Emscherzone nur noch der Bergbau und in Ansätzen die Kohlechemie - auf Basis der Kokereien - entfalten. Die mit dieser Monostruktur verbundenen Probleme wirken sich im und nach dem Niedergang des Bergbaus entsprechend später und stärker aus. In der Lippezone dagegen sorgte die aufblühende Kohlechemie mit der an den sog. Kohlewertstoffen reichen Gasflammkohle bereits wieder für eine günstigere Branchen-Mischstruktur (vgl. Birkenhauer 1984, S. 90f).
Die Entwicklung des Ruhrgebietes und der Hauptbranchen im Querschnitt Witten - Marl
Quelle: Birkenhauer 1984, S. 95
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts waren alle Grundpfeiler des Ruhrgebietes zur vollen Reife entfaltet: (1) die Großzechen; (2) die Stahlkonzerne (somit Ablösung der Familienbetriebe); (3) die Kohlechemie; (4) die Energiewirtschaft. Diese Elemente bilden als "regionales Verbundsystem" das ökonomische Herzstück des Ruhrgebietes (s. Thema "Verbundwirtschaft der Montanindustrie").

Dieses Herz hätte aber nicht dauerhaft ohne die ihm entsprechenden Infrastrukturen schlagen können: (5) die Aktiengesellschaften (Verbindung von Industrie- und Handelskapital als neue Finanzierungsform), (6) die dem Produktionssystem angemessene Verkehrs- und Transport-Infrastruktur mit ihrem dichten Netz an Rohr- und Stromleitungen, Werkbahnen, Kanälen, Häfen, Schienen- und Straßennetzen, (7) die von u.a. englischen Vorbildern unabhängige technologische Innovationsfähigkeit (als wachstumsstabilisierende Führungsgröße), (8) die Arbeiterkultur (als Wohn- und Lebensform) sowie (9) die hierarchische "top down-", standort- und sektorzentrierte Politik- und Kommunikationskultur, die sich später zur Interessenskoalition von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Politik verdichtete.